Page 17 - InsiderKrefeld
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                             „Handwerk ist Tradition. Es steht aber genauso für Inno- vation. Das gilt nicht nur für Arbeitsprozesse. Das Hand- werk zeigt sich aufgeschlossen für neue Wege, um Auszubil- dende zu gewinnen.“
Marc Peters
Hauptgeschäftsführer Kreishand- werkerschaft Niederrhein
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          rinnen und Schüler nicht immer möglich“, sagt Imkamp. Trotz der genannten Rückgänge be- werte man die Stellenmeldungen der Arbeit- geber vor dem Hintergrund der Pandemie als vergleichsweise „stabil“. Das wiederum zeige die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes
in der Region in seiner gesamten Bandbreite, heißt es an der Philadelphiastraße.
„Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber suchen Fach- und Nachwuchskräfte. Und der beste Weg dorthin führt über die Aus- bildung im eigenen Betrieb“, betont Rainer Imkamp. Anders als in früheren Zeiten könne man inzwischen von einem Bewerbermarkt sprechen – mit zunehmender Tendenz durch den weiter steigenden Fachkräftebedarf. Laut KOFA fehlt es am meisten an Altenpfle- gefachkräften. Die Fachkräftelücke lag hier bundesweit zuletzt bei gut 17.700 offenen Stellen. Ähnlich hoch waren die Fachkräfte- lücken in der Krankenpflege (15.743), Bau- elektrik (14.760) sowie Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (12.977). Besonders knapp sind, so das KOFA, generell Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung.
Vor dem Hintergrund gewaltiger Aufgaben hinsichtlich Klimaschutz, Digitalisierung, Modernisierung der Infrastruktur oder Wohnungsbau bereitet es Marc Peters große Sorgen, „dass schon jetzt in vielen Hand-
werksberufen Fachkräfte dringend gesucht werden“, so der Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. Deutschlandweit fehlten rund 250.000 Fachkräfte im Hand- werk. „Und jährlich bleiben rund 20.000 Aus- bildungsplätze unbesetzt. Jeder unbesetzte Ausbildungsplatz heute bedeutet eine Fach- kraft weniger in der Zukunft.“ Einen Grund für den mangelnden Nachwuchs sieht er in einem verbreitet falschen Bild vom Hand- werk. „Es ist mittlerweile so, dass das Abitur der Regelschulabschluss ist und bei den meisten Jugendlichen, die Abitur machen, immer noch das Studium auf dem Lebensplan steht. Auch wenn viele Absolventinnen und Absolventen gar nicht dafür geeignet sind und in Berufen, in denen sie mit Hand und Kopf arbeiten können, in vieler Hinsicht viel besser aufgehoben wären.“
Leider habe Corona diese Situation noch verschärft. „Die Botschaft, dass Handwerk krisensicher ist, konnte nicht wie sonst beispielsweise auf Ausbildungsmessen
oder Veranstaltungen in Schulen vermittelt werden“, bedauert Marc Peters. Besonders betroffen waren die Nahrungsmittelbereiche wie Bäckereien und Fleischereien, aber auch die Friseurinnen und Friseure. „Hier sind
die Zahlen schon seit Jahren rückläufig.“ In den Köpfen müsse endlich ankommen, dass eine berufliche handwerkliche Ausbildung genauso viel wert sei wie eine akademische Ausbildung: „Warum ist ein Studium immer noch oft die einzige Vorstellung von einem gelungenen Leben? Warum steht Wissen über Können, wenn wir beides brauchen?“
Manchmal merken junge Menschen erst während des Studiums, dass eine akademi- sche Ausbildung nicht das Richtige für sie ist. „Für diejenigen, die sich dann entscheiden, das Studium abzubrechen, bietet das Hand- werk viele interessante Beschäftigungsmög- lichkeiten“, sagt der Hauptgeschäftsführer. „Handwerk ist Tradition. Es steht aber genauso für Innovation. Das gilt nicht nur für Arbeitsprozesse. Das Handwerk zeigt sich aufgeschlossen für neue Wege, um Auszubil- dende zu gewinnen.“ Teilzeitausbildung etwa sei eine Möglichkeit, die bislang im Hand- werk eher selten genutzt werde. „Hier steigt die Nachfrage.“ Auch für Zuwanderer ist das Handwerk offen. „Das hat schon die Zeit nach 2015 gezeigt: Hier war es das Hand- werk, das die größte Ausbildungsleistung in
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